From Farm to Fork
Kontext, Handlungsbedarf und Vision
Teil 1: Kontext, Handlungsbedarf und die Vision von einem nachhaltigen Lebensmittelsystem in der Europäischen Union (EU)
Mehr Nachhaltigkeit im Lebensmittelsystem der EU
Im Kontext globaler Krisen und den damit einhergehenden rechtlichen Maßnahmen sowie wandelnder Konsumentenbedürfnisse sehen sich Unternehmen mit der Herausforderung konfrontiert, nachhaltiger zu wirtschaften und mehr Produkt- und Prozesstransparenz zu schaffen. Gerade im Lebensmittelumfeld bestehen viele gesetzliche, aber auch konsumentenbedingte Erwartungen, die es zu erfüllen gilt.
Der Kontext – Der Europäische Green Deal als Rahmen für die „From Farm to Fork“-Strategie
Die EU befindet sich im grünen Wandel. Mit dem „European Green Deal“ aus dem Jahr 2019 haben sich die 27 EU-Mitgliedsstaaten das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Über verschiedene Initiativen in den Politikbereichen Klima, Umwelt, Energie, Verkehr, Industrie, Finanzwesen und Landwirtschaft wirkt sich dieses übergeordnete Ziel auf viele Akteure der Wirtschaft aus, die in diesem Zusammenhang verschiedene Rechtsvorschriften erfüllen müssen. Die Strategie „From Farm to Fork“ (deutsch: Vom Hof auf den Tisch) ist eine der Kerninitiativen im europäischen Green Deal und wurde im Mai 2020 von der Europäischen Kommission vorgestellt. Sie konzentriert sich auf die nachhaltige Gestaltung des derzeitigen EU-Lebensmittelsystems und umfasst sowohl die Produktion als auch den Handel und Konsum von Lebensmitteln. Im Zentrum stehen hierbei die nachhaltige Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und -distribution, der nachhaltige Lebensmittelkonsum sowie die Prävention von Lebensmittelverlust und -verschwendung.
Dimensionen und Handlungsbedarf
Lebensmittel sind allgegenwärtig und somit nimmt das Lebensmittelsystem einen großen Einfluss auf die drei Nachhaltigkeitsdimensionen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft.
Umwelt: Sowohl die Produktion als auch der Handel von Lebensmitteln tragen maßgeblich zur Verschmutzung von Luft, Böden und Wasser bei, haben einen essenziellen Anteil an den ausgestoßenen Treibhausgasemissionen und wirken sich negativ auf die biologische Vielfalt aus. Die Kommission beschreibt die Systeme als „einen der Hauptverursacher von Klimawandel und Umweltzerstörung“ (Mitteilung der Kommission zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, S. 3) und sieht dringenden Handlungsbedarf in Bezug auf die Verringerung von Pestiziden und antimikrobiellen Mitteln, die Reduktion des übermäßigen Einsatzes von Düngemitteln, die Intensivierung des ökologischen Landbaus, die Verbesserung des Tierschutzes sowie die Unterbindung des Verlusts an biologischer Vielfalt.
Gesellschaft: „Würden die Europäer die Ernährungsempfehlungen befolgen, würde sich dadurch auch der ökologische Fußabdruck der Lebensmittelsysteme erheblich verkleinern.“, (Mitteilung der Kommission zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, S. 4). In der Realität entspricht das Ernährungsverhalten in Europa nicht den nationalen Ernährungsempfehlungen und begünstigt dadurch verschiedene ernährungsbedingte Erkrankungen. Hierzu zählt auch die zunehmende Fettleibigkeit, unter der mittlerweile mehr als die Hälfte der Erwachsenen leidet (Eurostat, Fettleibigkeitsrate nach Body Mass Index (BMI)). Neben dem Ernährungsverhalten ist die Lebensmittelverschwendung ein weiteres Problem, denn „rund 20 % aller erzeugten Lebensmittel werden weggeworfen“ (Mitteilung der Kommission zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, S. 4). Auch das Lebensmittelumfeld, in dem die Verbraucher mit dem Lebensmittelsystem interagieren, verleitet die Verbraucher nicht zum Kauf gesunder Alternativen. Faktoren, die in diesem Umfeld den Verbrauch beeinflussen, sind beispielsweise die Ernährungsunsicherheit oder die Erschwinglichkeit sowie die beschränkte Einfachheit bzw. Bequemlichkeit von gesunden Lebensmitteln. Die Kommission sieht hier u. a. Handlungsbedarf bezüglich der Änderung der Verbrauchsmuster, der Eindämmung der Lebensmittelverschwendung sowie der Schaffung eines förderlichen Lebensmittelumfelds.
Wirtschaft: Aus wirtschaftlicher Sicht attestiert die Kommission dem Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen „enorme wirtschaftliche Möglichkeiten“ (Mitteilung der Kommission zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, S.3). So haben Landwirte, Fischer und weitere Akteure durch den frühen Übergang zur Nachhaltigkeit Pioniervorteile in der Lebensmittelkette gegenüber Konkurrenten außerhalb der EU und können diese zu ihrem Vorteil nutzen. Handlungsbedarf für die Kommission besteht in diesem Zusammenhang bei der Ermöglichung bzw. der Förderung des Übergangs zu nachhaltigen Verfahren für die Akteure, um neue Geschäftsmöglichkeiten und wirtschaftliche Chancen für Lebensmittelunternehmer zu schaffen, die dann wiederum zu einer Erhöhung der Einnahmen führen könnten. Auf der anderen Seite besteht Handlungsbedarf hinsichtlich der Aufhebung von wirtschaftlichen Defiziten, wie beispielsweise die Verbesserung der Entlohnung von Primärerzeugern oder die Senkung von steigenden Gesundheitskosten durch den Anstieg von ernährungsbedingten Erkrankungen.
Die Vision: Das ideale nachhaltige Lebensmittelsystem
Die Strategie zielt auf den Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem ab, das …
- sich von der Erzeugung über Transport und Vertrieb bis hin zur Vermarktung und zum Verzehr neutral oder positiv auf die Umwelt auswirkt,
- die Eindämmung des Klimawandels und seiner Auswirkungen unterstützt,
- den Verlust der biologischen Vielfalt aufhält,
- die Lebensmittelsicherheit und die öffentliche Gesundheit fördert und jedem den Zugang zu ausreichenden, sicheren, nahrhaften und nachhaltigen Lebensmitteln sicherstellt,
- und die Erschwinglichkeit von Lebensmitteln erhält und gleichzeitig eine gerechtere Erzielung von wirtschaftlichen Erträgen ermöglicht sowie die Wettbewerbsfähigkeit des EU-Versorgungssektors und einen fairen Handel fördert.
Diese übergeordnete Vision eines nachhaltigen Lebensmittelsystems innerhalb der EU spezifiziert die Kommission anhand von sechs Zieldimensionen, denen verschiedene Maßnahmen zugeordnet sind. Erfahren Sie mehr dazu in Teil 2 des Blogbeitrags.
Die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit bedeutet für viele Unternehmen im Lebensmittelumfeld eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit ihren Produkten, Prozessen und auch Partnerschaften. Der Schritt in die Digitalisierung kann hier helfen, die Transparenz von Produkten und Prozessen zu verbessern sowie mithilfe von Rückverfolgungsmöglichkeiten z. B. Optimierungspotenziale in der Produktion oder in Lieferketten zu identifizieren. Zudem bieten die erfassten Daten umfassende Reportingmöglichkeiten, die je nach Bedarf genutzt und/oder übermittelt werden können. Als Digitalisierungsexperte bieten wir ein breites Portfolio an Softwarelösungen für jede individuelle Ausgangslage. Sprechen Sie uns gerne an!
Quellen
Mitteilung der Kommission zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN vom 20. Mai 2020 über „Vom Hof auf den Tisch“ – eine Strategie für ein faires, gesundes, und umweltfreundliches Lebensmittelsystem, Abruf 01.03.2024
Europäische Kommission, Farm to Fork strategy for a fair, healthy and environmentally-friendly food system, Informationsseite, letzter Abruf 29.04.2024
Rat der europäischen Union, „Vom Hof auf den Tisch“, Informationsseite, letzter Abruf 29.04.2024